Professoren mit Museumsleiterin
Vitra Design Museum
Die Sammlungsleiterin des Vitra Design Museums Susanne Graner nahm den Leichtbauhocker von Prof. Peter Laabs (HTWD) und Prof. Axel Spickenheuer (IPF) und entgegen
Erstellt von gemeinsame PM HTWD und IPF |

Dresdner Leichtbauhocker im Vitra Design Museum

Das renommierte Vitra Design Museum in Weil am Rhein an der deutsch-schweizerischen Grenze hat den von Dresdner Materialforschern und Designern als Demonstrator entwickelten Leichtbauhocker „L1“ als neues Objekt in seine Sammlung aufgenommen.

Sammlungsleiterin Susanne Graner nahm das Hightech-Exponat am 4. Dezember aus den Händen von Prof. Dr.-Ing. Axel Spickenheuer, Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden e. V. (IPF), und Prof. Peter Laabs, Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (HTWD), entgegen.

Der Carbonhocker vereint in sich das Potenzial einer Zusammenarbeit von Technik und Design: Eine neue Technologie wird vom Design aufgegriffen und in enger Kooperation mit dem technischen Partner ein Objekt entwickelt, das bestehende Ansätze in beiden Bereichen aufnimmt und exemplarisch weiterdenkt.

Belastbares Leichtgewicht

Technisch demonstriert der Hocker das Potenzial von Faserverbundwerkstoffen für extremen, ressourcenschonenden Leichtbau: Obwohl er nur ca. 700 g wiegt, kann er Lasten von ca. 200 kg tragen. Die hohe Belastbarkeit bei minimalem Materialeinsatz verdankt der Hocker der am IPF entwickelten Tailored Fiber Placement (TFP)-Technologie, bei der Kohlenstoffverstärkungsfasern konsequent belastungsgerecht eingesetzt werden. Die TPF-Technologie basiert darauf, dass mittels Finite-Elemente-Analyse (FEA) vorab optimale Ablagepfade für die Verstärkungsfasern berechnet werden können, die dann - auch mit Hilfe eines ebenfalls am IPF entwickelten Softwaretools - in einem Stickprozess zu bauteilspezifisch perfekt angepassten Faserpreformen umgesetzt werden können. Diese Preformen werden anschließend mit Kunststoffen wie Epoxidharz getränkt und zu Leichtbauteilen ausgehärtet (vgl. idw-online.de/de/news648709 und www.ipfdd.de/tfp-technologie). Das TFP-Verfahren wird seit vielen Jahren industriell eingesetzt, z. B. für die Fertigung von Fensterrahmen für den AIRBUS A350.

Design zur Veranschaulichung der Technologie

Für die Entwicklung eines attraktiven Demonstratorbauteils im Rahmen eines EU-Forschungsprojektes gingen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des IPF um Prof. Axel Spickenheuer (Dr. Lars Bittrich, Dr. Kai Uhlig, Emanuel Richter und Nicole Schmidt) im Jahr 2011 eine Kooperation mit Prof. Peter Laabs von der Fakultät Design der HTWD (sowie den damaligen Studenten Joachim Stief, Frank Hahnewald und Benjamin Sporer) ein. Ziel war es, anhand eines für die Öffentlichkeit leicht verständlichen Demonstrators zu zeigen, welcher extreme Leichtbau mit der TFP-Technologie und neuen Simulationsmethoden möglich ist.

„Zunächst einmal galt es, im Rahmen der Konzeption des Demonstrators, den passenden Anwendungskontext zu finden. Die Wahl fiel auf die Entwicklung eines kulturell gut etablierten Objektes, dessen ästhetische Wahrnehmung und Gebrauch außergewöhnlich sein sollten und welches dabei die vorgegebene Technologie im Sinne der Wissenschaftskommunikation zum Ausdruck bringen würde.“, erläutert Peter Laabs, Professor für Produktdesign an der HTWD. In seiner Grundkonzeption schließt der Hocker an gestalterische Entwicklungen des Leichtbaus an und greift auf das Gedankengut von Eiffel, Gaudi, Frei Otto, etc. – und natürlich auch den Eames – zurück und kombiniert diese mit den erforderlichen Anforderungen an Topologie und Parametrie.

Die Entwicklung des Hockers erfolgte innerhalb eines mehrfach iterativen Entwicklungsprozesses zwischen Design und Technik. Im Ergebnis entstand eine Struktur aus Katenoiden und Stegen, die eine strukturoptimierte Gesamtform ergeben. Das Besondere an der Herstellung des Objektes ist, dass die dreidimensionale Form des Hockers aus einer flächigen Grundkonstruktion transformiert werden kann, ohne dass die strukturelle Qualität verloren geht. Die Ausstellung auf vielen Leichtbaumessen zeigte: „Alle, die den Hocker betrachtet und dann in die Hand genommen haben, waren überrascht über die Diskrepanz zwischen visuell eingeschätztem und tatsächlichem Gewicht sowie der erfahrbaren Belastbarkeit bei einer Sitzprobe.“, so Prof. Axel Spickenheuer vom IPF.

Zusammenarbeit zwischen HTWD und IPF

Der Leichtbauhocker „L1“ wurde neben zahlreichen Messeausstellungen bisher in Sonderausstellungen zum Thema Carbon im Deutschen Museum in München und Bonn, im Staatlichen Textil- und Industriemuseum Augsburg sowie in den Technischen Sammlungen Dresden gezeigt und war im Rahmen einer mobilen Wissenschaftsausstellung von DRESDEN-concept in den europäischen Städten London, Wrocław und Prag zu sehen. Darüber hinaus wurde er 2017 in den Bestand des Deutschen Kunststoff Museums aufgenommen. Die mit dem Leichtbauhocker initiierte Zusammenarbeit beider Institutionen hat sich mit einer Vielzahl gemeinsamer Projekte sehr erfolgreich entwickelt. So verknüpft Prof. Axel Spickenheuer seit 2021 im Rahmen einer Honorarprofessur an der Fakultät Design der HTWD materialwissenschaftliche und verarbeitungstechnische Kompetenzen mit der Ausbildung angehender Produktdesigner*innen. Dies ist auch die Basis für die Entwicklung des Leichtbauhockers „L1“.

Über das Vitra Design Museum

Das Vitra Design Museum zählt zu den führenden Designmuseen weltweit. Es erforscht und vermittelt die Geschichte und Gegenwart des Designs und setzt diese in Beziehung zu Architektur, Kunst und Alltagskultur. Im Hauptgebäude von Frank Gehry präsentiert das Museum jährlich zwei große Wechselausstellungen. Parallel dazu, präsentiert das Vitra Schaudepot von Herzog & de Meuron circa 400 Schlüsselobjekte seiner umfangreichen Sammlung und zählt damit zu den weltweit größten Dauerausstellungen und Forschungsstätten zum modernen Möbeldesign.

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